Teil 1

Ein neues Aquarium wird geplant

Meine etwa 15 Jahre betriebene tropische Seewasseraquaristik mit vielen Höhepunkten und Tiefen endete mit einem defekten Aquarium. Die Tiere wurden an Freunde abgegeben. Zeit sich neu zu orientieren und neues auszuprobieren...

Die Beschäftigung mit der Futtertierzucht und die Einrichtung von Aquarien mit typischem Ausschnitt aus dem Lebensraum der Tiere haben in den letzten Jahren mehr und mehr mein Interesse geweckt. Ein gutes Vorbild für solche Gestaltungen ist das Rifflagunenaquarium im Tierpark Berlin, welches Herr Dr. Kormann und seine Mitarbeiter gestalteten.

So haben meine weiteren Pläne ein Studium der einheimischen marinen Tiere und deren Lebensraum nach sich gezogen. Erstaunlicherweise sind vielen Aquarianern diese Tiere wenig bekannt und deutschsprachige Aquaristikliteratur ist dazu im Vergleich mit den Veröffentlichungen zu tropischen Tieren, sieht man von veralteter Literatur einmal ab, recht wenig vorhanden.

So bleibt nichts anderes übrig als sich vor Ort ein Bild zu machen, um dann zu versuchen, das erlebte umzusetzen. Das mich interessierende Thema ist einen Ausschnitt aus einem Bereich der Ostsee nachzubilden und zwar einmal eine Sand- und Schlickzone sowie einen Bereich mit starker Strukturierung durch Gestein und Makrophyten zu gestalten. In der Natur sind das die Lebensräume mit höchster Besiedlung und Artenvielfalt.

Wie kann man solch ein Aquarium ansprechend einrichten?                                     
Wie sind diese Pflanzen und Tiere in das heimische Aquarium einzusetzen und sind sie längere Zeit haltbar?

                                                                                     
Das ist sicher nicht ganz so einfach zu befürworten. Grundsätzlich sind viele Tiere aus dem Brackwasser in der Lage sich in hohem Maße an starke Temperatur- und Salzdichteunterschiede gegenüber ihrem natürlichen Gewässer anzupassen, sogar eine Haltung in tropischen Aquarien ist für einige Tiere durchaus möglich.

Andererseits gibt es für viele Tiere einen Optimalbereich ihrer physischen Parameter, die bei der Pflege im Aquarium berücksichtigt werden müssen. Dazu ist in erster Linie die Temperatur zu begrenzen um die Tiere nicht zu überfordern, ein großes und aufwändiges Problem in einer gut geheizten Neubauwohnung!

Die sehr stark schwankenden Beleuchtungsverhältnisse in der Natur sind ebenfalls nicht ohne weiteres zu simulieren. Ob man es überhaupt muss, hängt wiederum von den zu pflegenden Organismen ab. Inwieweit die Pflanzen sich anpassen, hängt nicht nur von ihren genetisch gesteuerten Lebensabläufen ab sondern auch von der Lichtmenge, Salzgehalt, Nährstoffangebot und ganz besonders von der Stabilität des Lebensraumes den sie vorfinden.

Natürlich gibt es die Möglichkeit, auf künstliche Dekorationsmaterialien zurückzugreifen und das ist aus meiner Sicht durchaus in Erwägung zu ziehen.

Ich werde auf diesen Aspekt noch genauer eingehen. Insbesondere dann wenn man eine Zone mit Laichkräutern und Armleuchteralgen gestalten möchte oder Beispielsweise Pflanzungen mit problematischen Arten wie Seegras, muss man das abwägen, da viele weitere wichtige Punkte bei der Tierpflege zu berücksichtigen sind Der streng einzuhaltende Naturschutz, welcher eine willkürliche Entnahme von Organismen nicht gestattet, ist genauestens zu befolgen.

Durch die Problematik der Eutrophierung und der Empfindlichkeit der Bodden- und Ostseegewässer sind große Gebiete weitestgehend unter Naturschutz gestellt. Dennoch gibt es immer noch genug Möglichkeiten einer Entnahme für das Aquarium zu Hause.

Ein weiterer Aspekt ist die Futterzucht für die Pfleglinge. Aber das ist ein gut beherrschbares Problem, zumal die Futtertiere in der Regel aus den gleichen Gewässern kommen wie die Pfleglinge.

Nutzbares Phytoplankton aus den heimischen Brackwassergebieten ist allerdings für die Futtertierzucht ein Problem. Es ist in der Regel streng kalt stenotherm was besonders auf die wichtigen Diatomeen zutrifft. Auch die Artenzusammensetzung des natürlichen Phytoplanktons ist für eine stabile Futterzucht nicht optimal und unterliegt stark jahreszeitlichen Schwankungen. Das zieht in der Natur einen Wechsel der überwiegenden Zooplanktonarten nach sich.

Zooplankton lässt sich allerdings sehr gut mit Ersatzfutter ernähren so dass wir hier mit züchterischen Methoden und lebenden Phytoplankton Präparaten diese Schwankungen minimieren können. Viele limnische Phytoplankton Arten sind für eine ausgewogene Ernährung des Brackwasser Zooplanktons ebenfalls hervorragend geeignet, so dass man eine gute Basis für eine Nahrungsgrundlage der Futtertiere schaffen kann. Und das Spektrum des limnischen Zooplanktons steht uns ebenfalls in großer Menge zur Verfügung.

Ostseetiere sind bereits vielfach nachgezüchtet worden. Für weitere Informationen zur Pflege von Ostseetieren empfehle ich die Internetseite der Berliner Fachgruppe Meeresbiologie (2). Viele Anregungen verdanke ich besonders Herrn Siegfried Jentsch, der sich schon etliche Jahre mit der erfolgreichen Zucht von Zoo- und Phytoplankton befasst (3).


Die Pflanzengemeinschaf

Die Zusammensetzung der Pflanzengemeinschaften ist eine Besonderheit der Bodden- und Ostseegewässer. Der Übergang von Süßwasser- zu marinen Arten ist fließend; aber es gibt auch reine Brackwasserarten, die in ihrem Vorkommen auf mittlere Salzdichte beschränkt sind.

Diese Klassifizierung ist allerdings oftmals umstritten. Auffallend ist die relative Artenarmut die im Zusammenhang mit der zeitlichen Entwicklungsgeschichte der Ostsee zu sehen ist, einem relativ jungen Gewässer.

Ein Vertreter des Brackwasserbereichs ist der Brackwasser- Hahnenfuß Ranunculus baudotii.

Zu den marinen Arten gehört das Seegras Zostera marina und der Blasentang Fucus vesiculosus. Die Süsswasserarten, die man in ausgesüßten Teilen im Bodden sowie Flussmündungen und Haffbereichen findet, sind das Kammlaichkraut Potagometon pectinatus und der Sumpfteichfaden Zanichellia palustris. Oftmals findet man die Eier vieler Fische in ihnen und auch deren Larven finden hier Nahrung und Verstecke. Zusätzlich zur Zonierung durch unterschiedliche Salzgehalte fällt eine deutliche Abstufung in Tiefenabschnitte und somit der Lichtbedürftigkeit auf.

Sieht man einmal von der starken Phytoplanktonentwicklung in den eutrophierten Gewässern ab, welche eine stärkere Ausbreitung der Makrophyten in die Tiefe durch Lichtlimitierung verhindert, kann man eine grobe Einteilung der Makrophyten vornehmen:

0-0,5 Meter Enteremorpha, eine einjährige Gattung,
0,3-1,5 Meter Cladophora, ebenfalls eine einjährige Gattung,
1,0-3,0 Meter Potagometon, diese Gattung überwintert im Bodengrund, sie ist bis 3 Meter lang werdend, Zanichellia, Ruppia sowie Myriophyllum, Ranunculus und Najas (selten), Cheatomorpha linum und Ulva lactuta
2,0-4,0 Meter Zostera, eher einförmig und wenig mit anderen Arten vergesellschaftet
3,0-6,0 Meter Braun- und Rotalgen, an steinigen Untergrund gebunden oder epiphytisch wachsend.


Diese Einteilung trifft auf Abschnitte zu, die wenig Phytoplankton aufweisen; in den Boddengewässern sind daher nur sehr wenig gut wachsende Makrophyten vorhanden und auf die Flachwasserbereiche beschränkt. In nur gering eutrophierten Gewässerabschnitten kann sich die Wachstumsgrenze wesentlich nach unten verschieben- so ist in der Wismarbucht im Außenbereich der Pflanzenwuchs bis 18 Meter Tiefe nachgewiesen. Nun, im Aquarium kann man bei ausreichend starker Beleuchtung diesen Bedürfnissen der Pflanzen jedenfalls leicht nachkommen.

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Fucus vesiculosus und Cheatomorpha linum


Die in der Ostsee am weitesten verbreitete Algenart ist der Blasentang Fucus vesiculosus. Er ist, neben Gabeltang und Seegras, bevorzugtes Laichsubstrat und Kinderstube des Herings.                                                                            Leider sind die Tange nur sehr schwer längere Zeit im Aquarium zu kultivieren obwohl sie von allen Pflanzen aus dem Ostseebereich noch am längsten überleben (K. Bischoff, persönliche Mitteilung).                                                               Das Problem bei den Pflanzen ist generell ihre relative Kurzlebigkeit; darum mein Hinweis auf eine ersatzweise Dekoration.

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Der Gabeltang Furcellaria fastigiata

Dennoch ist ein völliger Verzicht auf Naturmaterialien nicht sinnvoll. Vielen Organismen sind sie neben absterbenden Pflanzenteilen Nahrung, Heimstatt und für Stichlinge sogar Nistmaterial. Es ist also abzuwägen inwieweit man bereit ist den Tieren die Möglichkeit zu geben, ihren Bedürfnissen nachzukommen, denn absterbende Pflanzenteile belasten das Wasser und sie können dabei das Wasser erheblich verfärben.

So ist das bei absterbenden Blättern des Seegrases und besonders bei den Tangen der Fall. Eine Aktivkohle Filterung und eventuell Ozoneinsatz sollte man in diesem Fall erwägen, um die Gerbund Farbstoffe zu entfernen.

Ausgesprochen gute Erfahrungen bezüglich der Haltbarkeit habe ich allerdings mit den fein gefiederten Rotalgen Ceramium spez. machen können.


Die Haltung von Fischen ist durchaus und mit mehreren vergesellschafteten Arten gut möglich. Einige Dinge sind natürlich zu beachten und wie ich bereits andeutete, sind die Fische an höhere Salzdichten und Temperaturen leicht zu gewöhnen. Das muss allerdings sehr langsam geschehen, um Schockzustände zu vermeiden, die zum Tod der Tiere führen können.

Zu beachten ist die Sauerstoffbedürftigkeit der Tiere, die bei dem Transport und im Aquarium entsprechendes Equipment voraussetzen. So sollten gut isolierende Styroporkisten, Batterie betriebene Luftpumpen, mehrere Beutel, die liegend transportiert werden um für den Gasaustausch die Wasseroberfläche zu vergrößern und eventuell Kühlgeräte oder in Gaststätten besorgtes Eis verfügbar sein. Für uns von Vorteil ist es, Jungfische einzugewöhnen. Sie haben einen um 1 - 3°C höheren Temperaturbedarf auf Grund ihres unvollständig entwickelten Verdauungssystems als Alttiere.

Darum halten sie sich auch überwiegend in den Flachwasserbereichen an der Küste auf. Die Vergesellschaftung von Fischen ist nicht bei allen Arten möglich. Selbst in ihrer Jugendform sind manche Arten innerartlich so aggressiv, dass eine erfolgreiche Paar- und Gruppenhaltung in der Regel ausgeschlossen ist.

Der bekannteste Vertreter dieser herrlichen, leider aggressiven Fische ist ein Lippfisch, der Klippenbarsch Ctenolabrus ruprestis. Dieser Fisch ist in den heimischen Gewässern seit einigen Jahren nicht mehr gefangen worden (7). Aber auch die Seestichlinge Spinachia spinachia, bei denen die aggressiven Männchen alle Tiere der gleichen Art töten sind bei zu kleinen Aquarien leider nicht zu mehreren Tieren haltbar.

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Die zu erwartende Endgröße der meisten Fische sollte vorher ebenfalls bedacht werden. Viele werden zu starken und gut zu fütternden Tieren heranwachsen, die durchaus nicht mit Copepoden, Cladoceren und Mückenlarven gesättigt sind. Also ist hier von vornherein die Beschränkung auf wenige und klein bleibende Tiere oder die Pflege in der Jugendform der Fische sinnvoll auch wenn ein reichlicher und einfacher Fang verlockend ist, mehrere Tiere mitzunehmen.

Hier muss man sich nach und nach vortasten um ein Optimum an Tieren passend zum Aquarium zusammenzustellen. Es spricht auch nichts gegen eine Aquarienhaltung von beispielsweise Dorschen, wenn man entsprechende Behälter zur Verfügung hat. Einige Ostseefische haben eine Bodengebundene Lebensweise, das Aquarium ist entsprechend zu dekorieren.

Die Pflege der Fische aus dem Freiwasser wird, wenn überhaupt, nur in ihrer juvenilen Form möglich sein. Große Probleme machen beispielsweise die Heringe, die man selbst in Schauaquarien kaum zu sehen bekommt.

Einen Versuch, einen Schwarm Heringe zu präsentieren wird im neu gebauten Ozeaneum des Meeresmuseums Stralsund unternommen und ob das erfolgreich bleibt ist abzuwarten. Die niederen Tiere der Ostsee sind genau wie die Fische gut an höhere Dichte und Temperatur anzupassen. Auch hier ist das langsam durchzuführen. Die Mehrzahl der Futtertiere die ich pflege, habe ich aus diesen Gewässern. Deren Ernährung ist durch geeignetes Phytoplankton möglich und durchaus nicht schwierig, wenn man bereit ist einen gewissen Aufwand zu betreiben.

Die Artenfülle niederer Tiere ist in stark strukturierten Substraten sehr hoch. So sind in 1Kg Gabeltang 31353 Flohkrebse der Gattung Gammarus und 5512 Tiere der Assel Jaera albifrons gefunden worden. In den viel feiner strukturierten Rotalgen Polysiphonia nigrescens und Ceramium diaphanum sind in 1Kg Algenmasse sogar 161111 Flohkrebse und 16516 Jaera albifrons gezählt worden. MESSNER, 1986 (5).


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Zahlreiche Asseln und Isopoden siedeln auf dem Seegras

Das Aquarium zu Hause wird in seiner Dekorierung so gestaltet, dass ein „Fisch freier Raum“ mit starker Strukturierung erhalten bleibt, so ist ein Refugium für diese kleinen Organismen vorhanden und wenn sie versuchen, sich in dem Teil zu etablieren, der den Fischen vorbehalten ist, finden diese einen wichtigen Teil ihrer natürlichen Nahrung, den wir sonst mühsam züchten müssen.

Natürlich reicht die Produktion des Aquariums nicht aus um die Fische zu sättigen aber es genügt für ein kleines Zubrot und ganz wichtig ist es für die Beschäftigung der Fische, damit sie ihren natürlichen Instinkten folgen können.

Die Palette der niederen Tiere ist recht groß: Würmer, Krebse, Asseln, Muscheln, Schnecken, Tunikaten, Seesterne, Schwämme und viele weitere Tiere.

Natürlich sind auch einige Tiere dabei, die den Fischen gefährlich werden können, so zum Beispiel Pfeilwürmer, Quallen und nicht zuletzt auch Krankheitserreger in Form von Schmarotzern, Bakterien, Viren usw.

Eine Erkrankung der Fische ist dennoch sehr selten, wenn man gesunde und gut ernährte Tiere erwirbt. Viele Krankheitserreger sind außerdem auf Zwischenwirte angewiesen und da diese im Aquarium fehlen, wird deren Entwicklung unterbrochen. Futtertiere die frisch gefangen wurden, halte ich einige Zeit in Quarantäne um eine Krankheitsübertragung zu unterbinden.


Die Aquariumeinrichtung

Hier ist, wenn man sich streng an natürliche Verhältnisse richtet, eigentlich wenig gestalterischer Spielraum.
So habe ich mich für eine Dekorationsgestaltung entschieden, die in einem Bereich der Ostsee genau beobachtet wurde und anhand typischer Merkmale gestaltet wurde. Dabei sind den Bedürfnissen der zu pflegenden Tiere Abstriche und Zugeständnisse zu machen. Trotzdem ist es mir gelungen, charakteristische Merkmale darzustellen.

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Ein weiterer Gestaltungsvorschlag stammt aus einem Süßwasseraquarium von Herrn Huntjes aus den Niederlanden (Aquarium Heute 4/1985 Seite 26). In diesem Fall ist Sandzone, die Zone mit Gestein und stark strukturierenden Elementen wie Algen, Tangen und Seegräsern sehr gut kombinierbar. Hier hat man die Möglichkeit sehr territorialen Tieren ihren Bedürfnissen zu entsprechen.


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Der Bodengrund kann mit den an der Ostsee vorkommenden Sanden gestaltet werden. Dabei ist zu beachten, dass Materialien in der Nähe von Häfen und Industrieanlagen mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Schwermetalle und anderen Giften belastet sind.

Benutzt man dagegen Materialien der Strände aus dem Küstensaum (aus dem Bereich bis zu den Dünen) ist eine Schwermetallbelastung und anderen chemischen Rückständen nicht zu erwarten. Man siebt sich den Sand entsprechend der gewünschten Körnung und spült ihn mit sauberem Wasser. Sand aus dem Gewässer selbst ist nicht empfehlenswert da dieses Material durch absterbende Organismen schnell schwarz wird.

Eine dünne Auflage dieses Materials als Starthilfe der Besiedlung mit Bakterien und Tieren der Sandlückenfauna auf den vorher eingebrachten Bodengrund ist allerdings zu erwägen, genau wie beim Einbringen des „Livesand“ im tropischen Aquarium sollte auch hier vorgegangen werden.

Sauberen Sand im Gewässer findet man an gut durchströmten Stellen mit einer etwas gröberen Struktur (1 bis max. 3 mm). Diese sind Nährstoff arm, auch nicht so stark besiedelt. Selbstverständlich sind auch andere Materialien geeignet. Die Sandkörner sollten, für die überwiegend den Bodengrund bewohnenden Fische der Ostsee, keine scharfkantige Struktur aufweisen und abgerundet sein. Ein Verdichten des Materials ist dann fast ausgeschlossen und anaerobe Zonen werden vermieden. Wenn man einmal eine Bodenprobe unter dem Mikroskop betrachtet, erkennt man dessen starke Besiedlung mit Tieren aus diesem Lebensraum. Sie sind für einen längeren, problemlosen Betrieb eines Aquariums unverzichtbar.

Die Siedlungsdichte und Artenvielfalt hängt dabei von sehr vielen Faktoren ab wie Feinheit des Sediments, vorherrschender Bodenströmung, Nährstoffablagerung, Temperatur, Farbe, Form und Größe der Sedimentbestandteile usw. Sie wird im Aquarium einer nicht zu vermeidenden Änderung in der Zusammensetzung unterliegen, da wir es nicht schaffen eine Artenvielfalt wie in der Natur entsprechend ihren Bedürfnissen zu pflegen. Durch eine abwechselnde Strukturierung des Bodengrundes bzw. einem Verbund von mehreren Aquarien (Refugien o.ä.) schafft man es dennoch eine große Vielfalt an diesen unverzichtbaren Lebewesen zu erhalten. Bei einer Kultur von Pflanzen im Aquarium ist feinster Bodengrund wie in der Natur nur sehr schwierig einsetzbar, da die Strömung durch unsere in der Regel dafür ungeeigneten Pumpen dieses Material verfrachtet. Ein im Bodengrund verankertes „Closed Loop“ wäre eventuell eine zu versuchende Möglichkeit einer großflächigen Strömungserzeugung, die das Substrat idealerweise dabei nur gering verdriftet. Ganz besonders ungünstig ist eine direkte, horizontale Strömung in die Seegräser hinein. Es bilden sich durch Wirbel schnell „Knäuel“ und das Seegras leidet darunter.

Versuche zur Strömungsgestaltung kann man allerdings leicht durchführen. Dünne Folien in Streifen geschnitten und im Grund befestigt könnten vor der eigentlichen Bepflanzung eine ungefähre Vorstellung von den zu erwartenden Wirbeln und Tendenzen der Verdriftung des Bodengrundes aufzeigen. Hier hilft nur probieren um das Optimum zu erreichen.

Eventuell kann man den CL auch innerhalb des Seegrases montieren mit direkt an die Oberfläche gerichteter Strömung. Diese Methode bietet außerdem den Vorteil Trocken- und Frostfutter in Schwebe zu halten und „Lebendfutter“ zu imitieren. Für viele Fische sind die dabei entstehenden Bewegungen des Futters der Auslöser eines Jagdverhaltens und anhaltenden Fresstriebes, den wir bei unbelebtem Futter nur schwerlich längere Zeit aufrechterhalten können. Bei Grundeln und Schleimfischen, die für sich keinen Versteckplatz unter großflächigen Materialien finden können, ist damit zu rechnen, dass sie größere Gruben im Sand ausheben. Deshalb ist für diese Tiere immer einiges Material für eine Reviergestaltung vorzusehen.

Die zweite Abbildung der Aquariumgestaltung ist ein Lösungsvorschlag für die Dekorationsgestaltung, welcher diesen Fischen entgegenkommt. So ist bei dieser Gestaltung eine klare Trennung in Reviere und sowie Sichtschutz Revier besetzender Tiere in mehreren Zonen möglich.

Dekorationsmaterial mit angewachsenen Algen verbringe ich so wie aufgefunden in das Aquarium, ohne deren Ablösung vorzunehmen. Einmal abgelöst wachsen höhere Algen und Tange nur schlecht an und sind auch nur schwierig in der Dekoration zu verankern. Da ich die Absicht habe Pflanzen zu pflegen, muss ich mir Gedanken zur Beleuchtung machen. In der Natur sind in unseren Breitengraden im Gegensatz zu tropischen Gebieten große Unterschiede vorhanden. So ist die Beleuchtungsdauer abhängig von der Jahreszeit und auch die Intensität des Lichtes unterliegt starken Schwankungen. Diese natürlichen Verhältnisse muss man nicht auf das Aquarium übertragen.

Eine Simulation unterschiedlicher Lichtverhältnisse ist mit etwas Aufwand sicherlich nicht schwierig umzusetzen, notwendig ist es nicht. Allerdings ist ein gewisser UV Lichtanteil in der Tagesmitte unverzichtbar für das Wohlbefinden unserer Fische, denn die Spaltung der essenziellen Provitamine (ß- Karotin in Vitamin A) wird durch das Licht ermöglicht.

Weiterhin ist besonders von Schwarmfischen bekannt, dass sie UV Lichtanteile wahrnehmen können und mit Hilfe reflektierender Pigmente ihrer Körper zu einer gewissen Kommunikation in der Lage sind.

Die nutzbaren Leuchtmittel, wie zum Beispiel die Leuchtstofflampen der Firma NARVA „Biolicht“ sind dafür geeignet, besonders die T8 Lampen, da diese auch einen gewissen UV-B Anteil im Lichtspektrum emittieren. Bei den T5 Lampen des gleichen Herstellers fehlt dieser UV-B Anteil, der UV-A Anteil ist gleich. Für das menschliche Auge erscheinen diese Leuchtmittel in einem kalten, weißen Licht (Ra96). Der Vorteil der T5 Lampen ist ihre Dimmbarkeit ohne Veränderung des Spektrums, so dass man fehlende Intensitäten wie bei Naturlicht durch längere Dauer etwas ausgleichen kann. Auch in der Algen- und Futtertierzucht setze ich diese Leuchtmittel mit Erfolg ein. Im Aquarium werden sie mit weiteren Leuchtmitteln kombiniert.



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Der Darmtang Enteromorpha intestinalis assimiliert unter Leuchtstofflampenlicht

Natürlich sind auch die HQI Leuchtmittel einsetzbar, wobei auf eine besonders effektive Kühlung bzw. Vermeidung eines Wärmeeintrages in das Aquarium zu achten ist.

Hohe Lichtintensität ist aber eine Bedingung für Pflanzenwuchs und die Sauerstofferzeugung durch assimilierende Pflanzen ist anzustreben. Die Wurzeln der Seegräser sind auf die Sauerstoffversorgung besonders angewiesen da diese im Sauerstoff armen Milieu wachsen müssen. Das geschieht überwiegend durch Druckausgleich mit den assimilierenden Teilen der Pflanze. Durch starke Assimilation kommt es zu CO² Unterversorgung; das muss unter anderem durch einen Eintrag mittels einer guten Abschäumung ausgeglichen werden. Die pH-Wert Verschiebung und instabil werdende Karbonathärte kann dabei beträchtlich sein und macht eine Kontrolle und eventuell eine Versorgung durch zusätzliches CO² erforderlich. Eine zusätzliche CO² Versorgung in meinem tropischen Aquarium hatte eine Stabilisierung des kH und pH-Wertes Tag und Nacht mit nur geringen Schwankungen (0,2 pH) zur Folge und einen herrlichen Bestand mit Weich- und Lederkorallen sowie einer großen Artenvielfalt gewünschter und aus damaliger Sicht- leider auch unerwünschter mariner Algen und Tange.

Der CO² Eintrag war auf -0,2 pH geregelt, auf einem Wert von 8,3 pH bezogen. Allerdings war auf Dauer der Aufwand mit der damals verwendeten Automatik so unbefriedigend so dass diese Anlage nicht mehr betrieben wurde. Wie stark eine Versorgung mit CO² im Ostseeaquarium erforderlich wird, ist abhängig von den Pflanzen und muss noch durch Experimente und Messungen der Parameter (pH und KH) herausgefunden werden.

Die Salzdichte einzustellen ist, falls man auf herkömmliche Aärometer ohne Skala im Brackwasserbereich zurückgreifen muss, dennoch recht einfach. Salzwasser stelle ich auf die Dichte 1,024 ein und verdünne es anschließend um 2/3. Es ist einfacher Wasser zu verdünnen als Wasser aufzusalzen… Steht ein größerer Wasserwechsel an, sollte eine exakte Salzdichte vorherrschen und ein Refraktometer ist darum für eine genaue Arbeitsweise empfehlenswert.

Die Pflanzen reagieren empfindlich auf schnelle osmotische Druckunterschiede. Als Salzsorten bevorzuge ich die einen höheren Siliziumanteil beinhaltenden Sorten: Fa. Dohse, HP und Reef Crystal produzieren solche Salze.

Als besonders positiv hat sich ein Teilwasserwechsel mit natürlichem Wasser herausgestellt. Die mit dem Wasser eingebrachten Organismen beleben ein Aquarium auf eine unglaubliche Weise. Selbst tropische Aquarien habe ich hin und wieder mit natürlichem Ostseewasser versorgt. Als Organismen im Naturwasser sind die Bakterien, Hefen und Pilze hervorzuheben, welche besonders für die niederen Tiere Bestandteil der Nahrungs- und Stoffwechselprozesse sind.

Sie kommen den Fischen in angereicherter Form durch das Fressen der Futtertiere zu gute. Möglicherweise hängen hormonelle und ganz besonders die gonadotrophen Entwicklungen bei den Fischen vom Vorhandensein dieser Organismen im Nahrungsgefüge ab, die sie mittels der Futtertiere aufnehmen. Informationen zu diesem Thema findet man unter (1). Die Besiedlung durch Pilze, Hefen und Bakterien findet besonders auf den Filtermaterialien statt. Die Kühlung oder Temperaturbegrenzung in einem Ostseeaquarium ist trotz der Anpassungsfähigkeit der Organismen empfehlenswert. Der Zusammenhang zwischen Temperatur und Stoffwechselgeschwindigkeit ist dafür ausschlaggebend.

Durch hohe Temperaturen laufen Stoffwechselvorgänge wesentlich schneller ab. Das führt neben der körperlichen Belastung auch zu Problemen durch unvollständige Verdauung bis hin zu Sauerstoffdefiziten des Wassers durch höhere Temperaturen. Sehr schnell ist darum der physiologische Optimalbereich der Organismen überschritten. Diese schnellen Stoffwechselvorgänge müssen auf einen so kurz wie möglich gehaltenen Zeitraum begrenzt werden. Aber auch eine starke Temperaturschwankung in kurzer Zeit wirkt sich nachteilig aus, besonders die Pflanzen leiden und können irreparabel geschädigt werden.

Die verschiedensten Möglichkeiten der Temperaturreglung durch Kühlgeräte, gekühlte Räume, Verdunstungskühlung, thermische Isolation des Aquariums usw. sowie Vermeidung von Wärmequellen im Aquarium (Pumpen, Lampen) sollte deshalb besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Der dazu benötigte Aufwand wegen dieser Problematik kann ein solches Aquarium im Betrieb schnell teurer machen als ein tropisches Aquarium, abgesehen von der wartungsintensiven, teuren und störanfälligen Technik sind die Energiekosten nicht zu vernachlässigen.

Die Temperatur habe ich bei meinen Aquarien mittels Verdunstungskühlung und Wasserbewegung an der Oberfläche auch bei Außentemperaturen von bis zu 30°C auf einen maximalen Wert von 22-23°C stabilisieren können. Das ist für eine kurzfristig andauernde Periode ein akzeptabler Wert. Für die Wintermonate versuche ich eine Temperaturabsenkung auf etwa 14-10°C einige Zeit zu halten. Inwieweit das in der Wohnung ohne weitere technische Hilfsmittel zu schaffen ist, bleibt anzuwarten, dennoch ist eine starke Temperaturabsenkung über eine längere Periode für das Wohlbefinden der Tiere unbedingt erforderlich.

Bei den Pumpen für die Wasserumwälzung ist die Leistung bei weitem nicht so hoch anzusetzen wie in einem Aquarium mit tropischen niederen Tieren. Es muss für einen gewissen Wasseraustausch für die Pflanzen gesorgt werden. Die gezielte Strömungsgestaltung lässt sich wiederum mit einem „Closed Loop“ am besten verwirklichen. Damit ist eine großflächige, effektive, mit wenig Aufwand und Pumpenleistung betriebene Wasserbewegung möglich. Ein solches geschlossenes Ringsystem ist wie ein unter Druck stehender Behälter zu betrachten, An jeder Stelle im Ring ist trotz Bewegung des Mediums der Druck im Gegensatz zu linearen oder punktuell arbeitenden Systemen annähernd gleich groß.

Man ist mit dieser technischen Lösung sogar in der Lage- mehrere Ringe kombiniert und im Intervall betrieben, die Strömung so zu gestalten, dass eine Dünungsbewegung niedrigster Frequenz entsteht. Nicht zu vergleichen mit der Schaukelbewegung eines namhaften Herstellers für aquaristisches Zubehör! Für eine Fläche von 70x40 cm reicht beispielsweise die Leistung einer Powerhead 402 völlig aus. Noch weiter kann man die induzierte Pumpenleistung verringern, wenn solch ein Ring nur für die Pflanzen in einem Setzkasten eingesetzt wird. Unsichtbar können Ringe an der Wasseroberfläche verlegt werden, wenn nur die Wasseraustrittstellen in das Aquarium hineinragen.

Der große Vorteil dieser Technik sind frei gestaltbare geometrische Konstruktionen und variable Leistungsparameter. Ob im Bodengrund, eingebaut als Hinterspülung einer Riffgestaltung, Gestaltung der Oberflächenströmung oder großflächiger Wasserbewegung mit viel Volumen und wenig Druck für empfindlichste Tiere und in Sandbett Aquarien, Delta- und Achteckaquarien, es gibt kaum Einschränkungen. Ein weiterer Vorteil ist die große Bandbreite der nutzbaren Pumpen der verschiedensten Hersteller. Es gibt bei dieser Technik einige Dinge die beachtet werden müssen:

Zunächst ist die Sauerstoffzehrung bei länger stehenden Pumpen (t >5 min) in diesem System zu vermeiden und die aus diesem Grund einen ständigen, bei getakteten Systemen geringen Wasserfluss erforderlich macht.

Ich favorisiere deshalb ein System zweier voneinander unabhängig betriebener Ringe mit 2 Pumpen. Beide Ringe sind mittels einer Drossel (einer in einem Rohr angebrachten Sperrscheibe mit einer kleinen Bohrung, in einem Ringsystem natürlich 2x vorhanden) verbunden. Das ist die einfachste und preiswerteste Möglichkeit um Stillzonen in getakteten Systemen zu vermeiden. Der Einsatz von geschalteten Magnetventilen hat sich bei mir nicht bewährt. Eine teure aber technisch akzeptable Variante wäre beispielsweise der Betrieb mittels dimmbarer Pumpen eines namhaften Herstellers für Aquaristik Zubehör in Einringvarianten.

Weiterhin ist, um Verluste der Pumpenleistung klein zu halten, die Reibung des Wassers mit den Rohrwänden durch entsprechend dimensionierte Rohrdurchmesser zu verkleinern. Die Fließgeschwindigkeit so gering wie möglich und die Vermeidung einer Wirbelbildung in Rohrsystemen durch den Einsatz von Bogenstücken in größeren Radien anzustreben. Das Rohrsystem ist, sofern es nicht im Bodengrund verlegt ist, Licht geschützt aufzubauen um Algenwuchs zu vermeiden. Bei den im Bodengrund verlegten Ringen sind die Wasseraustrittstellen etwas größer zu gestalten, da sie bei starker Beleuchtung anfällig durch Algenbewuchs sind. Diese Stellen sollten gut zugängig bleiben um hin und wieder die Algen zu entfernen.

Die Wasserpflege in diesem Aquarium soll in erster Linie durch eine Abschäumung erfolgen. Da in einem Milieu geringer Salzdichte die Abschäumung wie in einem Meerwasseraquarium mit der herkömmlichen Technik nicht so einfach möglich ist, hatte ich den Einsatz eines Süßwasser Abschäumer erwogen. Die Stabilität des Schaums ist gering und eine saubere Trennung des trockenen Schaums trotz Verlängerung des Kontaktrohres unbefriedigend. Vorläufig kommt ein umgebauter Sander Piccolo Abschäumer mit Lindenholz zur Anwendung. Die Änderung ist durch den Einbau von Strohhalmen in dem Reaktorraum erfolgt. Durch die Kapillarwirkung wird der Eiweiß enthaltende Schaum besser vom Wasser getrennt und ist damit entfernbar.

Übrigens, eine Abschäumung von Phytoplankton bewirkt mit diesem Gerät eine Konzentration des Planktons ohne die Zellkulturen zu schädigen.



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Niedere Tiere


Bei den niederen Tieren muss nach ihren Vorkommen in und auf den verschiedenen Substraten unterschieden werden. Die Sandzonen sind dabei von anderen Tieren besiedelt als Zonen mit Hartsubstraten oder Pflanzenwuchs. Je nach Beschaffenheit des Sandes siedelt hier eine Gemeinschaft typischer Tiere, die sich diesem Lebensraum nutzbar machen. Das sind in erster Linie Muscheln wie zum
Beispiel die Herzmuschel Cerastoderma spp. und die Sandklaffmuschel Mya arenaria und Sandwürmer, die sich durch den Boden wühlen und sich ihre Nahrung als Suspensionsfresser oder Strudler zuführen.

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Die Herzmuschel Cerastoderma lamarcki in meinem Aquarium

Weiterhin sind die Röhren bauenden Formen wie der Borstenwurm Pygospio elegans in hohen Individuenzahlen vorherrschend. Aber auch die Sandlückenfauna, die erst 1933 von REMANE entdeckt und beschrieben wurde, ist ein wichtiger Bestandteil der Tierwelt. Sandflächen sind Nährstoffarm wenn keine Ablagerung erfolgt, die Tiere haben entsprechende Möglichkeiten entwickelt in diesem Bereich zu leben. In den Bereichen starker Sedimentation und Ablagerungen ist mit erheblichen Sauerstoffgradienten zu rechnen, mit denen nur wenige Tiere zurechtkommen. Die Verankerungsmöglichkeiten sind begrenzt und alle diese Bedingungen schränken eine Artenvielfalt im Gegensatz zu Hartsubstraten stark ein.

In solch feinschlickigen Gebieten findet man nur solche Tiere vor, die nicht darin versinken wie die kleinen Hydrobia Schnecken, Muschelkrebse, die Schnecke Theodoxus fluviatilis und den Meeresringelwurm Nereis diversicolor und andere Würmer, aber besonders sind die Wenigborster Oligacheta vertreten. Weiterhin ist neben den Sandmuscheln die Baltische Plattmuschel Macoma baltica vertreten. Man erkennt sie sehr leicht an ihrer rötlichen Färbung des Gehäuses. Die Tiere wird man im Aquarium eher wenig zu sehen bekommen. Sie sind aber auf Grund ihrer Lebensweise für die Bewegung und Durchmischung des Bodengrundes sehr wichtig und man ist gut beraten diese Tiere zu pflegen.

Auf Sandgrund finden wir weiterhin bewegliche Tiere wie die Nordseegarnele Crangon crangon die in der Lage ist, sich farblich dem Untergrund anzupassen, Muschelkrebse Ostracoda, deren Bestimmung allerdings sehr schwierig ist sowie Meeresmilben Halacaridae. In der Ostsee siedeln in diesem Lebensraum noch die Larven der Zuckmücken Chironomidae, die auf Grund ihres Massenvorkommens einen wichtigen Bestandteil im Nahrungsgefüge vertreten.

Viel mehr Arten besiedeln die Pflanzenbestände und den Hartboden. Entscheidend ist für die Tiere die Struktur ihres Lebensraumes. Grob kann man die Tiere in 3 Gruppen einteilen: Festsitzend, frei beweglich und in Wohnröhren lebende Tiere. Die fest sitzenden Tiere bevorzugen stabile Pflanzen und Gestein mit genügend Fläche und Halt. Dazu gehören Miesmuscheln Mytilus edilus, Seepocken Balanus improvius, Moostierchen Membranipora crustulenta und die Polypen der Ohrenqualle Aurelia aurita, Hydropolypen Laomeda flexulosa.

Zu den frei beweglichen Arten gehören die Flohkrebse Gammarus zaddachi, die Asseln Jaera albifrons, Idoeta chelipes, die zu einer erstaunlichen Farbanpassung in der Lage ist sowie mehrere weitere Asseltiere. Hier ist die Schnecke Theodoxus fluviatilis, Lymnea baltica zu finden und die Ostseegarnele Palaemon squilla, deren kommerzieller Fang auf den Frühsommer begrenzt ist. Sie hat einen durchsichtigen Körper, Palaemon elegans die eine herrliche Färbung aufweist, Palaemonetes varians sowie die Planarie Dendrocoleum lacteum. Die Ostseegarnele wandert zum ablaichen in größere Tiefen, da ihre Larven höhere Temperaturen nicht vertragen. Auch die Strandkrabbe Carcinus maenas ist hier zu finden. Da sie gute Kämpfer sind, muss man die Tiere leider einzeln halten, sie bringen sich gegenseitig um. Die Dekoration muss für diese Tiere sehr gut verankert sein, denn sie wühlen sehr stark und da sie gut klettern, verlassen sie auch schon mal das Aquarium.

Als Beispiele der Wohnröhren bauenden Tiere sind der Borstenwurm Fabricia sabella, Flohkrebse Leptocheirus pilosus und Corophium lacustre, die winzige Scherenassel Heterotanais oerstedi als typische Vertreter benannt. Natürlich gibt es auch Insekten, die bisweilen diese Habitate besiedeln, besonders in stark ausgesüssten Teilen der Ostsee und Bodden wie zum Beispiel die Puppen des Schmetterlings Acentropus niveus. Zur Kopulation müssen die flügellosen Weibchen nachts zur Wasseroberfläche emporsteigen, wo sie von den anfliegenden Männchen begattet werden. In tiefen Regionen der Ostsee findet man die variabel und ansprechend gefärbten Seesterne Asterias rubens und die herrlichen marinen Schlauch-Seescheiden Ciona intestinales, die in der Wismarbucht und im Salzhaff ihre östliche Verbreitungsgrenze hat sowie Schwämme. Eventuell hat man die Möglichkeit mit einem Fischer oder tauchend diese Tiere lebend und unverletzt zu erwerben.



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Die Strandkrabbe Carcinus maenas



Natürlich bin ich nicht in der Lage auch nur annähernd eine Artenanzahl und Individuendichte wie in der Natur vorkommend im Aquarium zu halten. Die dazu benötigte Futtermenge ist mit meinen Methoden nicht zu beschaffen und mit einer Ernährung durch Ersatzstoffe sind nur unbefriedigende Ergebnisse zu erzielen. Aber für ein kleines Refugium ist das auch nicht erforderlich. Die Hauptsache sind doch die Fische!


Die Fische


Allein in der Wismarbucht sind 49 Arten an Knochenfischen, sowie das Flussneunauge Lampetra fluviatilis und das Meerneunauge Petromyzon marinus nachgewiesen, die ja bekanntermaßen nicht zu den Fischen zählen (6). Etwa 30% dieser Fische unterliegt dem kommerziellen Fischfang. Einige Fische sind besonders
gut für eine Aquariumhaltung geeignet und es gibt eine Menge Fische die aus Süssgewässern zeitweise in die Brackwassergebiete einwandern. Die Beständigkeit mit der man die Fische erbeuten kann ist bei einigen Arten hoch, andere sind nur gelegentlich gefangen worden. Die für mich interessanten Kleinfische findet man im Flachwasser und Seegräsern sowie im unmittelbaren Uferbereich im Blasentang.

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Aus der Familie der Stichlinge leben 3 Arten in hohen Beständen in den Seegraswiesen: Der Dreistachlige Stichling Gasterosteus aculeatus, der Neunstachlige Stichling Pungitius pungitius und der Seestichling Spinachia spinachia. Leider scheinen die Seestichlinge Krankheitsanfällig. Bei ihnen wurden in den letzten Jahren vermehrt Rückgratverkrümmungen beobachtet (Bakterieller Krankeitsbefall?).

Das Brutverhalten aller Stichlingsarten ist hochinteressant. Die Männchen bauen regelrechte Nester und sie betreiben intensive Brutpflege. Eine weitere Familie sind die Seenadeln, die ebenfalls in hohen Beständen im Seegras und Algenbeständen zu finden sind: Die Grasnadel oder Schmalschnäuzige Seenadel Syngnathus typhle und die Kleine Schlangennadel Nerophis ophidion. Form- und Farbanpassung an ihren Lebensraum sind perfekt. Auch diese Tiere betreiben eine hochinteressante Brutpflege durch die kleineren Männchen. Die Grasnadel kann ihre Bauchseite falten um den Brutraum zu bilden, die Schlangennadel trägt die festgeklebten Eier auf dem Bauch.

Zu der Familie der Groppen gehört der selten gewordene (der letzte Fang erfolgte 1997) Seeskorpion Myoxocephalus scorpius und der seit einigen Jahren nicht mehr gefangene Steinpicker Agonus cataphractus. Der Seeskorpion ist ein sehr gefräßiges Tier und gilt als Nahrungskonkurrent für andere Fischarten in den Seegräsern. In den Seegräsern finden wir noch die Brutpflege betreibenden Seehasen Cyclopterus lumpus, die aber nur ihre Jugendzeit dort verbringen und dort mit einer Größe bis 1 cm aufzufinden sind. Von den Lippfischen sind drei Arten nachgewiesen. Dazu gehören der äußerst seltene Gefleckte Lippfisch Labrus berggylta, der 40 cm groß werden kann, weiter die Goldmaid Symphodus melops mit einer Größe von etwa 12 cm, sie wird aber nur gelegentlich durch Verdriftung in unserer Gegend gefangen sowie der wunderschöne Klippenbarsch Ctenolabrus rupestris, der ebenfalls einige Jahre nicht mehr gefangen werden konnte. Auch der Butterfisch Pholis gunellis, der genau wie die Aalmutter Zoarces viviparus zu den Schleimfischen gehört, ist seit einigen Jahren bei der im September stattfindenden Fangaktion nicht mehr nachgewiesen worden. Klippenbarsch und Butterfisch gelten als äußerst sensibel gegenüber ihrer Umwelt.

Die Grundeln, die grundsätzlich zu den Bodenbewohnern zählen, sind durch vier Arten vertreten. Der Sandküling Pomatoschistus minutus, und der Strandküling Pomatoschistus microps sind die typischen Bewohner der sandigen Flachwasserbereiche. In den Seegraswiesen ist die wunderschön gezeichnete Schwarzgrundel Gobius niger zu finden.

Die empfindliche Schwimmgrundel Coryphopterus flavescens dagegen ist die einzige, frei schwimmende Art die in Schwärmen über den Pflanzen und unter der Wasseroberfläche zu finden ist. Dennoch besteht auch bei dieser Art eine bevorzugte Bindung an das Phytal. Diese Fische sind bis auf gelegentliche Populationsschwankungen in den letzten Jahren immer gefangen worden. Sie werden neben den Stichlingen und Seenadeln die bevorzugt gepflegten Tiere im Aquarium werden. Für das Aquarium sind weiter noch einige Plattfische geeignet.



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Die Seezunge Solea solea führt ein sehr verstecktes Leben und es hat lange Zeit gedauert dieses Bild zu aufzunehmen


Ihre versteckte Lebensweise geben sie im Aquarium nach einiger Zeit zur Fütterung auf. Sie sind in den letzten Jahren seltener geworden. Gut zu pflegen sind Flunder Platichthys flesus und Scholle Pleuronectes platessa. Zu beachten ist hier die zu erwartende Größe und der Futterbedarf der Tiere, die ein entsprechendes Equipment zur Wasseraufbereitung voraussetzt.

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Nerophis ophidion, die kleine Schlangennadel, in meinem Aquarium


Dieser Beitrag ist den ehemaligen Mitgliedern der ZAG Meeresbiologie der DDR gewidmet.
Denjenigen Aquarianer, der seine Liebe zur heimischen Flora und Fauna mit einem Ostseeaquariumnachgehen möchte, will ich ermutigen sich diesen herrlichen Pflanzen und Tieren anzunehmen.

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Ein kleiner Trupp von Dreistachligen Stichlingen Gasterosteus aculeatus


Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Schönfelder